- Kein Werklohn für Behinderung -
Das Kammergericht hatte kürzlich bei Bauunternehmen noch Hoffnung gemacht, haben das in der Mitteilung des Auftraggebers von Behinderungen durch Vorgewerke eine “andere Anordnung” i. S. d. § 2 Abs. 5 VOB/B läge, sodass dem behinderten Unternehmer Mehrvergütungsansprüche wegen der Bauzeitverlängerung zustehen würden. Der BGH hat dieser Auffassung in einer aktuellen Entscheidung vom 19. September 2024 Stunden eine Absage erteilt: Die bloße Mitteilung über vorhandene Behinderungen ist danach keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Auftraggebers, die den Vertrag ändert und damit Mehrvergütungsansprüche auslösen kann. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber fortgeschriebene Bauzeitenpläne übersendet, die die Folgen der Behinderungen berücksichtigen, und damit die Ausführungszeiten für den Unternehmer “ändern”. In diesen Fällen teilt der Auftraggeber nach der Auffassung des BGH nur mit, was ohnehin gilt, trifft aber keine einseitige neue Festlegung von vertraglichen Pflichten. Der Anspruch auf Bauzeitverlängerung folgt in diesen Fällen bereits aus § 6 Abs. 2 VOB/B und nicht erst aus der entsprechenden Mitteilung des Auftraggebers. Auch wenn dieser Schweigen würde, treten dieselben Rechtsfolgen ein. Der BGH hält daran fest, dass die fehlende oder verspätete Beistellung von Vorunternehmerleistungen keine Pflichtverletzung des Auftraggebers ist. Ansprüche des behinderten Nachunternehmers kommen deshalb nicht nach § 6 Abs. 6 VOB/B, sondern nur aus § 642 BGB in Betracht. Bei der vereinbarten Beistellung von Plänen kann eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegen. In beiden Fällen setzt aber die erfolgreiche Durchsetzung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen voraus, dass der behinderte Unternehmer bauablaufbezogen und konkret die jeweiligen Auswirkungen der Behinderungen darlegt. Im konkreten Fall ging (wie so oft) der Unternehmer mangels entsprechender Darstellung leer aus.
Hinweis für die Praxis
Die Entscheidung ist nicht “gerecht”, aber richtig. Tendenzen in der Literatur und Instanzrechtsprechung gingen zuletzt dahin, für den behinderten Unternehmer unbefriedigende Rechtslage zu ändern. Es genügt nach der Rechtslage nicht, dass der behinderte Unternehmer nichts für die Behinderung kann. Die derzeitige Rechtslage ist eindeutig: Schadensersatzansprüche setzen eine schuldhafte Pflichtverletzung voraus, woran es bei der Nichtleistung oder Schlechtleistung von Vorunternehmen fehlt. Der Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB führt nicht zum Ersatz von behinderungsbedingten Mehrkosten für Material und Lohn. Entschädigt werden nur unproduktive Vorhaltekosten während der anhaltenden Behinderung. Wenn der Unternehmer die von ihm nicht zu vertretende Behinderung hinnimmt und lediglich die unveränderte vertragliche Leistung später erbringt, gehen etwaige Lohn- und Materialkosten zu seinen Lasten, wenn es nicht individuell eine hiervon abweichende Vereinbarung mit dem Auftraggeber gegeben hat. Eine solche Vereinbarung muss der behinderte Unternehmer aktiv anstreben. Sein Druckmittel ist die Möglichkeit, sich bei Behinderungen, die aus der Sphäre des Auftraggebers kommen, mit einem wichtigen Kündigungsgrund aus dem Vertrag zu verabschieden. Wenn sich der Auftraggeber auf eine solche Vereinbarung (dem Grunde nach genügt) nicht einlässt, bleibt dem Behinderten Unternehmer nur die Wahl, die negativen Folgen hinzunehmen oder sich durch Kündigung aus dem Vertrag zu verabschieden. Nach der Kündigung gibt es keine volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen. Vergütet wird nur die erbrachte Leistung und die im Vertrauen auf den Fortbestand des Vertrages bereits getätigten Aufwendungen, die durch die weitere Leistung verdient worden wären..